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Lohneinbehalt bei fehlendem Tätigkeitsnachweis?

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Nein, der Lohn darf weder zurückbehalten noch gekürzt werden, da ein Tätigkeitsnachweis keine Fälligkeitsvoraussetzung ist. Das Gesetz sieht an dieser Stelle schlicht vor, dass geleistete Arbeit zu vergüten ist. An den geleisteten Stunden ändert sich nichts, wenn sie nicht mittels Tätigkeitsnachweis belegt werden.

Für den Arbeitgeber sind fehlende Stundenzettel ein Ärgernis in der Praxis, da die Vergütung nicht errechnet werden kann, ggf. kann auch eine Rechnung für den Kunden nicht erstellt werden. Den Lohn zurück zu halten, erscheint auf den ersten Blick ein wirkungsvolles Mittel. Zulässig ist es nicht.

Es stellt sich indes die Frage, was folgt aus dem Lohneinbehalt, wenn er gleichwohl erfolgt?

Der Arbeitnehmer kann auf Nachzahlung vor dem Arbeitsgericht klagen. Dabei ergibt sich für ihn das Problem, dass er beweisen muss, eben jene Anzahl an Stunden, die seiner Ansicht nach zu bezahlen sind, auch erbracht zu haben. Bestreitet der Arbeitgeber die Anzahl der angegebenen Stunden, hat der Arbeitnehmer die Stundenzettel eben nicht gefertigt und kann auch keinen anderen Nachweis über die Höhe der Arbeitsstunden erbringen, so fällt ihm das Fehlen der Tätigkeitsnachweise auf die Füße. Er kann seinen Anspruch auf Lohnnachzahlung nicht beweisen und verliert seine Lohnklage.

Das korrekte Erstellen der Stundenzettel bzw. Tätigkeitsnachweise ist also in beiderseitigem Interesse.

Für die Zeitarbeit kommt ein spezifisches Problem hinzu. Bei Anwendung eines Tarifvertrags der Zeitarbeit ist dieser vollständig und ohne Abweichungen umzusetzen und darf nicht zum Nachteil des Mitarbeiters hiervon abgewichen werden. Wird die Vergütung unter die Bedingung gestellt, dass die Stundenzettel vorliegen, stellt dies eine Einschränkung des Lohnanspruchs dar, den der Tarifvertrag nicht vorsieht. Es findet also eine negative Abweichung vom Tarifvertrag statt. Das hat zur Folge, dass der Tarifvertrag nicht in Gänze angewandt wird und somit der Gleichstellungsgrundsatz nach dem AÜG greift. Ungeachtet dessen, dass auch die Agentur für Arbeit in einer Betriebsprüfung das Zurückbehalten von Lohn monieren wird.

Wie begegnet man nun aber dem Problem in der Praxis?

Im Arbeitsvertrag kann die Pflicht zur Erstellung der Stundenzettel / Tätigkeitsnachweise aufgenommen werden. Das ist auch in der Zeitarbeit, bei Anwendung eines Zeitarbeitstarifvertrags nicht untersagt. Wichtig nur, dass dies eben nicht mit der Vergütung oder anderen Ansprüchen verknüpft wird. Die Tarifverträge der Zeitarbeit (iGZ/BAP) beinhalten keine Regelung zu Tätigkeitsnachweisen, sodass auch nicht von einer tariflichen Regelung zu ungunsten des Mitarbeiters abgewichen wird. Gleichzeitig ermöglicht die Aufnahme einer solchen Pflicht in den Arbeitsvertrag, gegen Verstöße, insbesondere im Wiederholungsfall, mit einer Abmahnung, schlimmstenfalls mit einer Kündigung zu reagieren. Arbeitsrechtliche Konsequenzen können die fehlenden Stundenzettel also durchaus haben.

Auch Schadenersatz kommt in Betracht, z.B. wenn ein Steuerbüro beschäftigt wird und dieses außer der Reihe eine individuelle Lohnabrechnung erstellen muss, weil die Stunden verspätet nachgewiesen werden. Entstehen hierdurch separat abgrenzbare Kosten, die einzig auf die Verspätung zurückgehen, so sind diese vom Mitarbeiter zu ersetzen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass es sich nicht um einfache Fahrlässigkeit in einem einzelnen Fall handelt sondern das Verhalten dauerhaft auftritt und insbesondere nach eindringlicher (Ab- oder Er-)Mahnung, unter Hinweis auf die Zusatzkosten, fortgesetzt wird. Dann nämlich handelt es sich um Vorsatz (Wissen um den Schadenseintritt), für den Mitarbeiter immer haften.


Christiane Höppner
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Bildquelle: ID:32753043, www.depositphotos.com

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